Crowdfunding als Marketing-Tool
Fast noch wichtiger als Sender oder Redaktionen ist das Zielpublikum. Starten Sie zum Beispiel eine Crowdfunding-Kampagne, um zu erfahren, wie die Story ankommt und wie viel sie bzw. deren Produktion der Crowd wert ist. Für längere und teurere Filme lässt sich auch mit einem eher marginalen, über Crowdfunding eingeworbenen Teil-Budget immerhin nachweisen, dass ein Stoff relevant ist. Crowdfunding ist hier weniger ein Finanzierungs-Tool als vielmehr ein Marketing-Tool für einen Stoff (Audience Design).
Vorschläge für Stoffe gibt es jede Menge. Sie müssen daher zeigen, dass Sie tatsächlich etwas Besonderes anzubieten haben. Belegen Sie dies mit passenden Partnerschaften innerhalb und außerhalb der Kreativwirtschaft, z. B. durch Kooperationen mit Nichtregierungsorganisationen, die sich mit Ihrem Schwerpunkt befassen. Schärfen Sie Ihr Profil und sorgen Sie am Markt für Interesse. Laufen Sie dem Markt also nicht hinterher, um Ihre „Marke“ nicht zu „verwässern“.
Filmografie zusammenstellen
Zeigen Sie, was Sie können. Investieren Sie ausreichend Zeit, um Werbung in eigener Sache zu machen. Stellen Sie eine Filmografie zusammen und machen Sie sie auf Ihrer Homepage öffentlich zugänglich. Zeigen Sie die besten Filmausschnitte, Teaser, Trailer und Bilder. Natürlich gehören nicht nur Auftragsproduktionen in die Filmografie, sondern auch Ihr Hochschulabschlussfilm und alle weiteren vorzeigbaren Ausbildungs- und No-Budget-Projekte, die während Ihres Studiums oder in einem anderen Rahmen entstanden sind.
Eventuell können Sie eigene (Kurz-)Filme mit überschaubaren „Bordmitteln“ produzieren. Die werden Sie in der Regel nicht verkaufen. Sie zeigen damit aber, wie Sie arbeiten.
Sorgen Sie dafür, dass Ihre Arbeiten auch in den wichtigen Datenbanken gelistet sind. Crew United ist eine deutsche Plattform, auf der sich Filmschaffende hierzulande finden und vermitteln. Die internationale Variante ist die IMDb − Internet Movie Database.
Es ist in der Regel kein Problem, einen Abschlussfilm an seiner Filmhochschule zu produzieren. Ein Debütfilm ist in der Regel auch kein Problem. Dafür gibt es genügend Fernsehredaktionen. Nicht ganz ohne Eigeninteresse. Debütfilme sind für die Sender kostengünstig. Schwierig wird es, den zweiten oder dritten Film zu realisieren.
Zusammenarbeit mit Produktionsfirmen
Den wenigsten Filmemacherinnen und Filmemachern gelingt es, ihre Filmideen im Alleingang mit einem eigenen Nachwuchs-Team auf die Leinwand oder den Bildschirm zu bringen. Da auch Fernsehsender Filme in der Regel nicht selbst produzieren, gelingt der Einstieg am ehesten im Tandem: als Junior-Produktion mit einer erfahrenen und erfolgreichen Filmproduktionsfirma.
Nehmen Sie möglichst schon für Ihre Abschlussarbeit Kontakt zu Produzentinnen und Produzenten auf. Das Interesse, junge Regisseurinnen und Regisseure, also den Branchen-Nachwuchs, kennenzulernen und eine Zusammenarbeit zu erproben ist groß. Sie wissen, dass es ihnen und der Branche guttut, wenn wirkliche Talente eine Chance bekommen. Deshalb kümmern sie sich bewusst um die Nachwuchspflege. Je größer und aufwändiger das Vorhaben, umso mehr sichern sich die Auftraggeber allerdings ab: Eine kreative, aber unerfahrene Regie wird in der Regel immer mit einer erfahrenen Produktionsfirma und bei fiktionalen Projekten mit erfahrenen Schauspielerinnen und Schauspielern ins Rennen geschickt.
Dabei sollten Sie die Möglichkeit überdenken, bei dieser Zusammenarbeit nicht unbedingt selbständig zu bleiben, sondern – vielleicht nur für ein Projekt – an die Organisation einer Produktionsforma „anzudocken“. Die Erfahrung zeigt: Viele, auch erfahrene Filmemacherinnen und Filmemacher sind mit einem eigenen Unternehmen überfordert: deren Kosten für den laufenden Betrieb zu decken, gegebenenfalls Angestellte zu bezahlen, den Laden am Laufen zu halten, die Kostenkontrolle der Produktionen und die Kommunikation zur jeweiligen (Haus-)Bank zu pflegen.
Produktionsfirmen kontaktieren
Der erste Eindruck ist entscheidend. Das gilt auch für die Akquisebemühungen von Filmschaffenden.
Exposé oder Treatment: Gehen Sie so vor, wie es in der Branche üblich ist: Schicken Sie einer Produktionsfirma ein Film-Exposé, maximal ein Treatment, vielleicht sogar ein Bilder-Treatment. Nicht mehr. Die endgültige Umsetzung eines Drehbuchs oder einer Drehvorlage für einen Dokumentarfilm sollten Sie später gemeinsam erarbeiten. Typischer Anfangsfehler: einer Redaktion oder Produktion ein komplettes Drehbuch zukommen zu lassen. In diesem Fall weiß man dort sofort: Die Absenderin oder der Absender ist in der Branche nicht sehr bewandert, denn in der Regel liest niemand ein ganzes Drehbuch von einer Person, die man nicht kennt.
Konkrete Kontaktperson: Verschicken Sie Ihre Exposés oder Treatments nicht einfach nur per E-Mail. Sie sollten sich die Mühe machen, Produzentinnen und Produzenten persönlich anzuschreiben oder anzurufen, auch wenn Sie ihnen wochenlang hinterhertelefonieren müssen. Es geht um einen sehr persönlichen Kontakt, bei dem Sie darum bitten wollen, Ihre Ideen schicken zu dürfen. Die meisten sagen dann Ja.
Kein Massenversand: Verschicken Sie Ihre Exposés nicht massenhaft, sondern in einem kleinstmöglichen Rahmen - nicht an mehr als drei Adressen. Und auch dabei an den Zweiten und Dritten nur dann, wenn vorher innerhalb von 14 Tagen von den Vorhergehenden keine Rückmeldung kommt.
Offene Karten: Bei einem Gespräch mit Produzentinnen und Produzenten sollten Sie nicht verheimlichen, wenn Sie einen Stoff schon einer anderen Produktion vorgelegt haben. Die Produktionsfirmen sind gut vernetzt, gehören denselben Verbänden an, treffen sich auf Festivals. Wenn sie von anderen erfahren, dass Ihr Stoff schon abgelehnt wurde, haben Sie schlechte Karten.
Stoff B: Gehen Sie zu Beginn nicht nur mit einem Stoff auf die Suche. Bereiten Sie unterschiedliche Themen vor, die Sie möglicherweise mit unterschiedlichen Produktionsfirmen umsetzen können. Auch wenn Sie zu einem Gespräch eingeladen werden, sollten Sie immer mindestens noch einen zweiten Stoff in der Tasche haben für den Fall, dass der erste nicht ankommt.
Nicht unaufgefordert: Unverlangt eingeschickte Filmideen werden eher geplündert, vor allem dann, wenn sie offensichtlich massenhaft verteilt worden sind. Je konkreter man eine Person anspricht, desto geringer wird dieses Risiko.
Copyright: Je vager Ihre Vorschläge sind, desto größer ist die Gefahr der Urheberrechtsverletzung. Fachleute wissen: Ideen werden „gnadenlos“ geklaut. Ein Exposé oder Treatment sollte daher durchaus detailreich sein. Das gilt auch für Dokumentarfilmvorschläge. Nur sollten Sie in diesem Fall reale Protagonistinnen und Protagonisten ggf. anonymisieren bzw. ihre Namens- und Ortsangaben verändern. Exposés und Treatments sollten immer mit Ihrem Namen, einem Datum sowie einem Copyrightvermerk versehen sein. Und schicken Sie Ihr Exposé oder Treatment per Anschreiben parallel auch an sich oder Freundinnen und Freunde. Deponieren Sie es dort und bei sich zu Hause mit allen gemachten Angaben.
Exklusiv: Wenn eine Produktion das Risiko eingeht, mit Ihnen als jungem Drehbuchautor oder junger Regisseurin zusammenzuarbeiten, möchte sie Sie womöglich „exklusiv“. Das bedeutet: Ein solche Partnerschaft würde Ihren Aktionsradius deutlich eingrenzen, weil Sie keine weitere Akquise betreiben dürften. Sprechen Sie über die Vor- und Nachteile einer solchen Bindung. Da hilft nur Offenheit.
Die geeignete Produktionsfirma finden
Produzentinnen, Produzenten, Redakteurinnen oder Redakteure treffen Sie vor allem auf Filmfestivals. Anhand der Gästeliste, die es zu jedem Festival gibt, können Sie ausfindig machen, wen Sie dort ansprechen können. Kleinere Festivals sind zwar nicht so „wichtig“. Aber die Chance, ins Gespräch kommen zu können, ist hier größer.
Versuchen Sie, eine Produktion zu finden, die Ihre Bild-, Ton- und Textsprache versteht. Um die richtige zu finden, müssen Sie viele unter die Lupe nehmen: Wer produziert was? Wer vertritt welchen Stil? Wer erzählt welche Art von Geschichten? Auf welchen TV-Sendeplätzen sind die Produktionen zu sehen? Auf welchen nicht? Produziert die Firma für Streamer, fürs Kino? Wo möchten Sie zu sehen sein?
Versuchen Sie außerdem jemanden zu finden, der Ihnen als Newcomer gegenüber nicht zu autoritär auftritt. Jeder kreative Funke braucht Luft, damit Feuer entsteht. Deswegen müssen sich die Richtigen finden, bei denen ein ausgeglichenes Ringen um die richtige Sprache funktioniert.
Zeit und Geld
Bei Projektgesprächen mit Produktionsfirmen erfahren Sie sehr schnell, wie viel Zeit und Geld zur Verfügung stehen. Wie viel Zeit wird für Recherche und Entwicklung veranschlagt? Wie viel für eine erste Drehbuchfassung bzw. eine Drehvorlage für einen Dokumentarfilm? Wie lange dauert die Vorbereitung eines 90-minütigen Films? Usw. Und: Wie hoch sind die Kosten für das Ganze? Wie kommt die Finanzierung zustande? Wo sind die finanziellen Grenzen? Gerade finanzielle Entscheidungen treffen nicht Sie als junge Autorin oder junger Regisseur. Immerhin tragen die Redaktionen oder Produktionen das finanzielle Risiko der gesamten Produktion.
Trotz aller finanziellen Beschränkungen sollte die Redaktion oder Produktion Ihnen signalisieren, dass Ihr kreativer Input gewünscht ist. Versuchen Sie daher, mit ihnen die kreativen Möglichkeiten auszuloten. Diese ergeben sich durch das gemeinsame Ringen um Entscheidungen zugunsten der Kreativität einerseits, mit Blick auf den
Budget-Spielraum andererseits. Akzeptieren Sie, dass nicht alle Ideen, die im Vorfeld diskutiert wurden, letztendlich auch umzusetzen sind.
Selbst wenn eine Produzentin oder ein Produzent Änderungen eingebracht hat: Das Ergebnis soll in der Regel bei einem Sender landen. Auch Kinofilme kommen selten ohne TV-Beteiligung aus. Also werden auch Redakteurinnen und Redakteure bei der Endfassung ein Wörtchen mitreden wollen. Kaum ein Regisseur oder eine Regisseurin bekommt in Deutschland das Recht des „Director’s Cut“; Regie, Produktion und Redaktion müssen sich also einigen.
Festivals als Türöffner
Gehen Sie mit Ihren Eigenproduktionen auf Festivals. Festivals spielen nicht nur als Szene-Treffs eine wichtige Rolle. Es hilft enorm, sagen zu können: Mein Film lief auf dem Festival xyz. Reichen Sie Ihren Film bei der Festival-Leitung ein. Eine Jury wird dann entscheiden, ob er dabei sein wird oder nicht. Selbständige Filmschaffende können sich dadurch auch einem Fachpublikum bestens präsentieren. Dazu gehören nicht nur die Filmproduktionsfirmen und Fernsehsender, sondern auch die Filmförderung.
Der Erfolg eines Festival-Films lässt sich nicht nur an der Kinokasse feststellen. Sondern auch daran, dass die Filmschaffenden damit eine automatische Förderung der FFA Filmförderungsanstalt „einspielen“, die für ein neues Filmprojekt verwendet werden soll. Wenn Ihre Filme und Kurzfilme auf den relevanten Festivals (A-Festivals) laufen, erhalten Sie und die Produktionsfirma dafür sogenannte Referenzpunkte der FFA.
Verträge mit Produktionsfirmen
So vielversprechend es ist, ein Filmprojekt zu starten, weil sich die Chance bietet oder der Produzent ein guter Freund ist: Beginnen Sie kein Projekt ohne Vertrag. Allzu häufig ergibt sich hinterher die Frage: zu welchen Konditionen eigentlich? Lassen Sie sich durch Fachverbände (Drehbuch, Regie, Kamera, Dokumentarfilm) und/oder die FilmUnion bei ver.di beraten.
Die Rolle der Produktionsfirma ist meist klar: Sie sorgt dafür, dass der Film kalkuliert, finanziert, organisiert, abgerechnet und letztendlich veröffentlicht wird und „Geld reinkommt“. Welche Rolle Sie als Autorin und Autor oder Regisseurin und Regisseur spielen, ist oft nicht klar umrissen. Auch wenn es Ihnen schwerfällt, über Geld zu sprechen: Es geht nicht anders. Was genau haben Sie bei diesem Filmprojekt zu tun? Für was sind Sie verantwortlich? Was dürfen Sie letztendlich entscheiden? Und: Wie wird Ihr Aufwand bezahlt? Wie werden Ihre Reisekosten abgerechnet? Ist das Equipment, das Sie mitbringen, versichert? Wie ist es mit Ihren Nutzungsrechten, Ihrem Urheberrecht? Werden Sie im Vor- und/oder Abspann und in allen sonstigen Veröffentlichungen (inkl. Plakaten) genannt? Wem gehören die Preise, die der Film möglicherweise gewinnt? Sind Sie an Erlösen beteiligt, wenn ja in welchem Rang und in welcher Höhe? All das regelt ein Vertrag.
Prüfen Sie den Vertrag sofort nach Erhalt. Nicht vertagen und (voller Euphorie) denken: Ich dreh’ erst mal den Film … Wenn Sie den Vertrag prüfen: Die Vertrags-Schwerpunkte liegen meist auf der Umsetzung des Kreativen. Viele existenziell wichtige Details stehen im „Kleingedruckten“.
Erfahrungsgemäß kommen auch Newcomer, die ihre Forderungen und Honorarvorstellungen klar äußern, gut an. Die meisten Auftraggeberinnen und Auftraggeber sind seriös und nehmen zur Kenntnis, dass ihnen jemand gegenübersitzt, der weiß, was er will. Das vermittelt Professionalität. Für Buch und Regie gibt es – anders als für andere Gewerke – keine Tarifverträge. Informieren Sie sich bei den Berufsverbänden über Vereinbarungen wie Gemeinsame Vergütungsregeln.
Netzwerke nutzen
Man kann nicht alles wissen. Als Anfängerin oder Anfänger schon gar nicht. Branchen-Netzwerke helfen dabei herauszufinden, wie der Hase in der Filmwirtschaft läuft. Dazu gehören die Berufsverbände der Filmwirtschaft wie z. B. der Bundesverband Regie, der Verband Deutscher Drehbuchautoren (VDD) oder die AG Dokumentarfilm AG DOK mit gestandenen Filmschaffenden, die schon länger im Geschäft sind.
Die ver.di FilmUnion organisiert Stammtische und offene Sitzungen, um mit Kolleginnen und Kollegen ins Gespräch zu kommen. Hier trifft man auf Filmschaffende, die ehrenamtlich für die kollegiale Beratung zur Verfügung stehen. Dabei geht es vor allem um finanzielle Themen, wie zum Beispiel die Finanzierungsplanung einer Filmproduktion. Dazu geben auch einige (nicht alle) Produktionsfirmen gern Auskunft.
Verbände und die ver.di FilmUnion geben zum einen berufspraktische Informationen. Dazu gehören beispielsweise Erfahrungen zu den üblichen Honorarhöhen, die je nach Sender, Produktionsfirma, Genre oder auch Region unterschiedlich sind. Zum anderen bieten sie juristischen Rat und Unterstützung in vertraglichen Fragen an, z. B. auch zu Fragen der beruflichen Selbständigkeit, sozialer Absicherung usw.
Zukunft „Online-Kino“
Ein Film dauert nicht unbedingt immer 90 Minuten und läuft auch nicht zwangsläufig im Kino oder im Fernsehen. Es gibt mittlerweile viele andere Wege, Filme zu machen und zu zeigen. Das Internet entwickelt sich immer mehr zum „Online-Kino“ (auch per Smartphone). Noch immer wächst der Streaming-Markt, auch die Sender werden durch ihre Mediatheken zunehmend zu Plattformen im Netz. Auch in den digitalen Medien können Sie Ihre Film-Stärken präsentieren. Nicht zuletzt im Kontext Werbung. Die nutzt die „Sozialen Medien“ nicht nur wegen der zunehmenden Reichweite, sondern auch wegen des unmittelbaren Feedbacks von Userinnen und Usern.
Außerdem kommen neue Erzählformen in Frage: z. B. für Metaversum-Stores oder VR-Stores. Zudem wird es mehr Mischformen zwischen Games und Film geben, in die die Kompetenzen der Filmschaffenden einfließen werden.
Quellen: AG Dokumentarfilm, connex.av Gmbh, Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, Kunsthochschule für Medien Köln, ver.di FilmUnion
In: InfoKreativ Praxistipps für Kreative und Kulturschaffende - Filmwirtschaft