"StartUp" Kreativwirtschaft
Kultur- oder Kreativschaffen als Profession, als Arbeit, als Brotberuf: Das sind und bleiben für viele Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft zwei verschiedene Paar Schuhe. Und auch diejenigen, die mit ihrem Schaffen durchaus das Geld für den Lebensunterhalt verdienen wollen, stoßen an Grenzen: an die des Marktes, seiner Regularien und Herausforderungen. Wie auch immer: Wer von seiner kreativen Arbeit leben will, kommt um ein gewisses unternehmerisches Denken und Handeln und das "Handwerkszeug" dafür nicht herum. Gar nicht so einfach.
"Das sind Künstler", sagt Martin Wendel und zuckt mit den Schultern. "Darstellende oder Bildende Künstler, Musiker. Die sind anders gepolt." Martin Wendel ist Gründungsberater des Instituts für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Viele derjenigen, die hier eine Gründungsberatung absolvieren, sind angehende Freiberufler in der Kultur- und Kreativwirtschaft. "Die haben oft keinen blauen Dunst vom Sinn und Zweck der Buchführung, keine Ahnung von Marketing, keine Vorstellung von anfallenden Steuern."
Jürgen Enninger wird konkreter. Er ist Ansprechpartner des Regionalbüros Bayern, eines von acht Regionalbüros, die das Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft bundesweit unterhält und die erste Anlaufstelle für Rat Suchende Kreative. "Es geht bei vielen um das kleine Einmaleins der Betriebswirtschaft.
Kostenrechnung. Für viele Kreative, beispielsweise für die vielen kleinen Off-Theatern oder Musik- und auch Theaterfestivals, ist sicherlich wichtig zu erfahren, wie sie einen Überblick über die Kosten erhalten. Die meisten arbeiten fachlich sehr gut. Allerdings fehlt oft jemand, der nachrechnet: Welche Produktion in der Saison war erfolgreich? Welche weniger?"
Marketing. Eines der Hauptproblemfelder, bestätigt Jürgen Enninger, sei in der Tat das Marketing. So würden Kreative, die beispielsweise mit einem Produkt auf Messen gehen, diese selten gründlich vor- oder nachbereiten. Dazu komme, so Jürgen Enninger, dass bei nicht mehr ganz jungen Kreativen eine geringe Affinität zum Internet festzustellen sei. "Manche sehen die Notwendigkeit einer Homepage gar nicht. Und die sozialen Netzwerke werden nicht verstanden, oft auch abgelehnt." Bei Produkten, Büchern etwa, fehle oft zudem jede Vorstellung, welchen Vertriebsweg das Produkt nehmen könnte, um in den Handel und darüber zum Kunden zu gelangen.
Kundenakquise. Eine besondere Herausforderung sei für Kreative darüber hinaus üblicherweise die Kundenakquise: Wie findet man potenzielle Kunden oder Vertriebspartner? Wie spricht man sie an? Jürgen Enninger: "Viele Kreative verschicken Flyer oder E-Mails. Und auf meine Nachfrage `Haben Sie denn ihre Empfänger nach dem Aussand noch mal angerufen?' kommt meist die Antwort: 'Nein, DIE müssen sich doch jetzt melden'."
Selbstmarketing und Persönlichkeitstraining. Nicht zu vergessen die Anforderungen, die an die Person der oder des Kreativen gestellt werden, ergänzt Dr. Maria Kräuter. Sie ist Beraterin und Trainerin für Gründerinnen, Gründer und Selbständige im Kultur- und Medienbereich. "Es geht um den oftmals dringenden Bedarf nach einem professionellem Selbstmarketing und einem dafür erforderlichen Persönlichkeitstraining: Wie verkaufe ich mich selbst am besten? Wie muss ich dafür rüberkommen? Wie aussehen? Wie sprechen?" Apropos Persönlichkeitstraining, schließt Jürgen Enninger hier an. Es gebe Beratungskunden, mit denen man erst einmal klären muss, wo sie hinwollen und was ihr Lebensziel ist.