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16.03.2012 -

European Creative Industries Alliance - Austauschen, voneinander lernen, sich gegenseitig ergänzen Interview mit Dr. Reinhard Büscher, Leiter des Referats "Unterstützung für Industrielle Innovation" bei der Generaldirektion Unternehmen und Industrie der EU-Kommission.

Einleitung

Herr Dr. Büscher, was verbirgt sich hinter der "European Creative Industries Alliance"?

Dr. Büscher: Die "European Creative Industries Alliance" ist eine politische Initiative der Europäischen Kommission, die 28 Entscheidungsträger und Akteure aus der Kreativwirtschaft aus 12 Ländern zusammenbringt, um Innovationspotenziale besser zu nutzen. Ihr Ziel ist, bessere Unterstützungsmaßnahmen für die Kreativwirtschaft zu entwickeln und mehr finanzielle Mittel für diesen Zweck zu mobilisieren. Damit wir damit Erfolg haben, müssen wir allerdings zunächst den Dialog zwischen den verschiedenen politischen Entscheidungsträgern verbessern. Und wir müssen neue oder zumindest bessere Ansätze dafür entwickeln, kreativen Unternehmen den Zugang zu Kapital und spezialisierten Unterstützungsdiensten zu erleichtern. Und nicht zuletzt müssen wir mehr grenzüberschreitende Kooperationen von Clustern anschieben.

Warum richten sich die Maßnahmen an nationale, regionale und lokale Behörden und an öffentlich-private Partnerschaften, aber nicht direkt an die Kreativunternehmen?

Dr. Büscher: Die eigentliche Zielgruppe der "European Creative Industries Alliance" sind in der Tat die Unternehmen, oder genauer noch: die Unternehmerinnen und Unternehmer, die in der Kreativwirtschaft tätig sind. Wenn sich die Initiative trotzdem vor allem an nationale und regionale politische Entscheidungsträger richtet, dann deshalb, weil wir dadurch die größte Multiplikatorenwirkung erzielen können. Es geht uns nicht darum, Unternehmen in der Kreativwirtschaft direkt zu unterstützen, sondern vor allem darum, die Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige Kreativwirtschaft in Europa insgesamt zu verbessern.

Wie genau sollen denn die Multiplikatoren der Alliance die Wettbewerbsfähigkeit der Kreativwirtschaft in Europa verbessern?

Dr. Büscher: Indem sie beispielsweise die Unternehmen besser über bestehende Fördermöglichkeiten informieren und mit ihnen neue Wege zur Innovationsförderung erproben. Denken Sie etwa an die Innovationsgutscheine, die Unternehmerinnen und Unternehmer Zuschüsse zu den Kosten von sektorübergreifender Kooperation oder für Innovationsberatungen anbieten. Oder nehmen Sie neue Finanzierungsformen für Innovationen wie etwa "crowd financing". Damit möglichst viele Unternehmen in der Kreativwirtschaft letztendlich davon profitieren, ist es wichtig, dass die neuen Lösungsansätze auf möglichst breiter Front aufgenommen und in bestehende Förderinstrumente integriert werden.

Wie kann das erreicht werden?

Dr. Büscher: Entscheidend ist, durch diese Initiative einen allgemeinen Bewusstseinswandel einzuleiten. Es geht uns darum zu vermitteln, dass wir Europas Wettbewerbsfähigkeit nur dann dauerhaft erhalten können, wenn wir alle Formen von Kreativität und Innovation sinnvoll nutzen. Davon sind wir im Moment noch weit entfernt. Es wird zwar viel davon geredet, dass wir Innovationen fördern müssen. Aber am Ende des Tages geht es dann meist doch nur um Forschungsförderung und um die Förderung technologischer Innovation. Um das zu ändern, wollen wir dazu beitragen, die Schlüsselrolle der Kreativwirtschaft deutlich zu machen. Dabei geht es nicht nur darum, die Kreativwirtschaft selbst stärker unternehmerisch auszurichten, sondern auch um die Nutzung ihrer Kreativkraft für andere Wirtschaftsbereiche.

Wie genau können Kultur- und Kreativschaffende von der European Creative Alliance profitieren?

Dr. Büscher: Allen Kultur- und Kreativschaffenden muss daran gelegen sein, dass Politik und Wirtschaft mehr als bisher den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen der Kreativwirtschaft erkennen. Wenn das geschieht, wird sich das in vielen Bereichen positiv bemerkbar machen: angefangen von einer veränderten Wahrnehmung der Kreativwirtschaft bei der städtischen oder regionalen Wirtschaftsförderung bis hin zu einem erleichterten Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen in der Kreativwirtschaft. Und noch etwas: Ich weiß, nicht alle Kultur- und Kreativschaffenden haben ein Interesse daran, auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Trotzdem sollten wir diejenigen, die sich eine von Subventionen unabhängige eigene Existenz aufbauen wollen, genauso effizient unterstützen wie andere Unternehmen auch. In dieser Hinsicht gibt es noch viel aufzuholen.

Wie ergänzt die European Creative Industries Alliance die nationalen Initiativen zur Förderung der Kreativwirtschaft?

Dr. Büscher: In Europa gibt es sehr unterschiedliche Ansätze zur Förderung der Kreativwirtschaft. Und viele interessante neue Ansätze kommen aus Regionen, von denen man es vielleicht nicht unbedingt vermuten würde. Die "European Creative Industries Alliance" bietet allen diesen nationalen und regionalen Initiativen, die sich der Förderung der Kreativwirtschaft verschrieben haben, eine Plattform, damit sie sich austauschen, voneinander lernen und sich gegenseitig ergänzen können. Wir hoffen, dass möglichst viele diese Plattform nutzen werden und sich aktiv darin einbringen. Und wir erwarten von dieser Initiative eine Breitenwirkung, deren Ertrag weit über das hinausgeht, was wir darin unmittelbar investieren.

Wer ist bereits aktiv in der Alliance? Vor allem: welche deutschen Partner?

Vier deutsche Partner sind schon in der Alliance aktiv: Die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen ist Gründungsmitglied der "Policy Learning Platform" der Alliance. MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg ist Koordinator des European Creative Cluster Lab (ECCL). Das Garchinger Technologie- und Gründungszentrum ist Partner in "Cluster2020" und Baden-Württemberg Connected e.V. ist Partner in "FAME" (Facilitating Access and Mobilisation of European finance for growth of creative industries).