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13.03.2019 -

Kreative beflügeln den unternehmerischen Erfolg Interview mit Jörg Ohnemus vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW)

Einleitung

Interview mit Jörg Ohnemus vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW)

Herr Ohnemus: Das ZEW hat im aktuellen Monitoringbericht Kultur- und Kreativwirtschaft 2018 die Rolle der Branche als Impulsgeber für die Gesamtwirtschaft unter die Lupe genommen. Was genau haben Sie sich angeschaut?

Jörg Ohnemus: Wir haben uns unter anderem die Kundenstruktur der Kultur- und Kreativwirtschaft angeschaut und dann den Einfluss der Kultur- und Kreativunternehmen auf den Geschäftserfolg ihrer Unternehmenskunden analysiert. Dabei waren für uns vor allem die Kunden aus der Industrie, also dem verarbeitenden Gewerbe, von besonderem Interesse. Außerdem haben wir ermittelt, welche Faktoren die Nachfrage nach Kultur- und Kreativleistungen verhindern.

Welche Kreativschaffenden haben überhaupt Kunden in der Industrie? Alle?

Jörg Ohnemus: Das sicherlich nicht. Aber wir haben festgestellt, dass sehr viele Kreativschaffende mit anderen Unternehmen zusammenarbeiten. Fast 81 Prozent, wobei natürlich nicht alle Industriekunden als Auftraggeber haben, sondern einige sicherlich auch ausschließlich mit Dienstleistungsunternehmen oder anderen Unternehmen der Kreativbranchen zusammenarbeiten . Was wir aber sagen können, ist, dass knapp 79 Prozent der Industrieunternehmen in den vergangen drei Jahren schon mal Kultur- und Kreativleistungen bezogen haben.

Was genau ist mit Kultur- und Kreativleistungen gemeint?

Da geht es insbesondere um Grafikleistungen, Produktdesign, Werbedienstleistungen und Software-Programmierung. Das ist im Industriekontext auch nicht sehr überraschend.

Welche Sparten sind nun diejenigen, die vor allem mit Kreativpartnern zusammenarbeiten?

Jörg Ohnemus: Es lässt sich da eigentlich keine dominierende Tendenz feststellen. Es ist schon so, dass alle möglichen Branchen, der Fahrzeugbau, der Maschinenbau, die Elektrotechnik, die Textil-, Bekleidungs- und Lederwarenindustrie, mit der Kultur- und Kreativwirtschaft zusammenarbeiten, manche ein bisschen mehr, manche etwas weniger. Unter dem Strich kann man so sagen: Der Fahrzeugbau nutzt am meisten die Zuarbeit aus der Kultur- und Kreativwirtschaft, die Textil- und Bekleidungsindustrie am wenigsten. Und wenn es um das Intensitätsmaß geht, also das Volumen der Zusammenarbeit, da haben die Hersteller von pharmazeutischen Erzeugnissen mit Leistungen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft die Nase vorn.

Kann man dahinter ein Muster erkennen? Warum gerade diese Branchen?

Jörg Ohnemus: Da würden tiefergehende Analysen und wahrscheinlich auch eine breitere Datenbasis notwendig sein, um diese Frage beantworten zu können. Letztendlich sind Leistungen, die hauptsächlich nachgefragt werden, also z.B. Grafik- oder Produktdesign, Werbedienstleistungen natürlich und die Software-Programmierung sowieso, für viele Bereiche im verarbeitenden Gewerbe wichtig. Also nein: kein Muster.

Haben Sie Hinweise darauf, wie sich solche Kooperationen entwickelt haben?

Jörg Ohnemus: Wenn man sich die Intensität der Zusammenarbeit anschaut, dann zeigt sich schon, dass sie in den letzten Jahren zugenommen hat. Wobei der darin ablesbare steigende Bedarf nach Kreativleistungen in der Industrie dort auch durch eigene Kreativschaffende inhouse gedeckt werden kann. Beispielsweise sind Produktdesigner natürlich auch selber in der Automobilindustrie oder im Maschinenbau direkt beim Hersteller beschäftigt und nicht nur in der Kultur- und Kreativwirtschaft. Dazu passt auch, dass die Zahl der kulturell und kreativ tätigen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten außerhalb der Kreativwirtschaft im Zeitraum, den wir betrachtet haben, 2013 bis 2017, deutlich zugenommen hat, von knapp 1,4 Mio. auf jetzt über 1,5 Mio. Gut, ein Teil diese Anstiegs geht sicherlich auf den allgemeinen Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen in der Gesamtwirtschaft zurück, aber trotzdem konkurriert natürlich die Branche Kultur- uns Kreativwirtschaft mit den Kreativschaffenden in den Industrieunternehmen.

Wie wirkt sich die Zusammenarbeit für die auftraggebenden Unternehmen aus?

Jörg Ohnemus: Sie hat erst einmal einen positiven Ein¬fluss auf den Geschäftserfolg der Unternehmenskunden, da sie die Umsetzung von Innovationen unterstützt. Fast die Hälfte der Unternehmen in der Kultur- und Kreativwirtschaft gibt an, dass ihre Unternehmenskunden mit ihrer Hilfe neue Produkte oder Dienste in den Markt einführen oder neue Verfahren imple-mentieren konnten. Weiterhin haben die Unternehmen aus der Industrie, die Kreativleistungen bezogen haben, zu 70 Prozent der Aussage zugestimmt, dass sie damit das eigene Image steigern oder den Bekanntheitsgrad der eigenen Produkte erhöhen konnten.
Etwas mehr als 40 Prozent der Unternehmen haben sich so einen Vorsprung vor der Konkurrenz geschaffen und den eigenen Absatz gesteigert. Ganz wichtige Marketingeffekte also.

Sie haben eingangs von Faktoren gesprochen, die die Nachfrage nach Kultur- und Kreativleistungen verhindern. Welche sind das?

Jörg Ohnemus: Ganz vorn sind dabei die Kosten. In dem Zusammenhang haben wir ein ganz verblüffendes Ergebnis ermittelt. Es ist nämlich so, dass Unternehmen ihre Kosten reduzieren konnten, wenn sie externe Kultur- und Kreativschaffende beauftragt haben. Wir haben gleichzeitig aber auch gesagt bekommen, dass die Angst vor zu hohen Kosten ein häufiges Hemmnis ist, Kultur- und Kreativschaffende zu beauftragen. Wobei das natürlich immer mit Vorsicht zu genießen ist. Wahrscheinlich hat man als Unternehmer immer Angst vor zu hohen Kosten. Ob es tatsächlich immer kostengünstiger ist, eine Kreativleistung selber zu erbringen, sei mal dahingestellt. Und die Alternative, aus Kostengründen ganz auf eine kreative Leistung zu verzichten, ist nicht unbedingt die richtige Entscheidung.

Steigt denn die Bereitschaft der Industrie, mit externen kreativen Auftragnehmern zusammenzuarbeiten?

Jörg Ohnemus: Man kann schon eine Zunahme an Leistungsnachfrage ablesen. Dass die noch steigerungsfähig ist, liegt einfach daran, dass Unternehmen nicht erkennen, welchen Nutzen ihnen externe Kreativleistungen bringen können. Wichtig ist darum, dass man als Kreativschaffender für die entsprechende Sichtbarkeit sorgt, beispielsweise durch Best Practice Beispiele der Zusammenarbeit zwischen Kreativschaffenden und Industrieunternehmen. Und wenn die Industrieunternehmen sehen und verstehen, wo ihre Möglichkeiten in der Beauftragung von Kreativleistungen liegen, dann sind die Chancen gar nicht so schlecht.

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