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13.09.2023 -

„Die öffentliche Aufmerksamkeit, die wir durch die Auszeichnung ‚Kultur- und Kreativpilot*in Deutschland‘ erhalten haben, hat uns immens weitergeholfen.“ Interview mit Elisabeth Jacobsohn, Artventure

Einleitung

Elisabeth Jacobsohn

Elisabeth Jacobsohn

© Elisabeth Jacobsohn

Kunstwerke im öffentlichen Raum: Das sind vor allem Skulpturen, Brunnen, Wandmalereien oder auch Reliefs. Mit ihrer App Artventure möchten Elisabeth und Julius Jacobsohn diese Kunstwerke den Menschen näherbringen. Eine tolle Idee befand die Jury der „Kultur- und Kreativpilot*innen Deutschland“ und zeichnete die Geschwister im Jahr 2022 aus. Mit der Auszeichnung war ein einjähriges Mentoring-Programm verbunden, bei dem das Gründungsteam vor allem von der bundesweiten Berichterstattung und den zahlreichen Netzwerkkontakten profitiert hat.

Frau Jacobsohn, Sie bieten eine App mit Informationen über Kunst im öffentlichen Raum an. Worum geht es genau?

Jacobsohn: Unsere App bietet allen Interessierten Informationen und Zugang zu Kunstobjekten an, die man in kleineren und größeren Städten auf Plätzen, in Parks, vor Gebäuden, an Häuserfassaden usw. sehen kann.  Die App beinhaltet eine Kartenfunktion und eine GPS-Funktion, so dass man einen Überblick darüber erhält, wo und welche Kunstwerke es in der Nähe gibt. Vor allem aber erhalten die Userinnen und User Bilder und Informationen zu dem jeweiligen Objekt. Außerdem bieten wir eine Navigationsfunktion an, so dass man von einem Kunstwerk zum nächsten spazieren kann.

Wie viele Kunstwerke beinhaltet Ihre App?

Jacobsohn: Aktuell sind es 1.410 Kunstwerke. Damit decken wir das gesamte Ruhrgebiet und etwas darüber hinaus ab. Weitere 3.000 Kunstwerke befinden sich noch in unserer Datenbank und müssen aufgearbeitet werden. Womit wir aber noch nicht am Ziel sind, denn letztlich möchten wir deutschlandweit zur führenden Plattform für Kunst im öffentlichen Raum werden und dazu beizutragen, dass Kunst für alle verständlicher und zugänglicher wird.

Eine tolle Idee. Wie sind Sie darauf gekommen?

Jacobsohn: Ich gehe oft und gerne spazieren und komme dabei auch immer wieder an Kunstwerken vorbei. Dabei ist mir immer wieder aufgefallen, dass es selten Infotafeln dazu gibt. Man erfährt also nicht, von wem das Kunstwerk ist, warum es dort steht und was es bedeutet. Also habe ich überlegt, wie man das ändern könnte. Und da heute eigentlich jede und jeder ein Smartphone dabeihat, habe ich mich für eine App entschieden.

Und die haben Sie zusammen mit Ihrem Bruder entwickelt? 

Jacobsohn: Ja, Julius ist Informatiker und schreibt gerade seine Masterarbeit an der TU Dortmund. Er hat die Programmierung der App übernommen. Ich studiere an der Ruhr-Universität Bochum im Masterstudiengang „Kunstgeschichte der Moderne und Gegenwart“. Bei unserer App kümmere ich mich um die strategische Planung und das operative Geschäft unseres zukünftigen Start-ups, also zum Beispiel um Marketing, Vertrieb, Kunstrecherche. Außerdem beschäftigen wir nach Bedarf freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die uns bei den Fotos und Social-Media-Aktivitäten unterstützen.

Die App ist für die Nutzerinnen und Nutzer kostenfrei. Wie sieht Ihr Geschäftsmodell aus?

Jacobsohn: Wir möchten unsere App Kulturämtern, Tourismusverbänden oder auch Unternehmen, die Kunstwerke im öffentlichen Raum präsentieren, als Dienstleistung anbieten. Im Sinne einer digitalen Kunstvermittlung. Dazu würden wir im Auftrag unserer Kunden alle Kunstobjekte vor Ort oder in der Region katalogisieren, recherchieren und digitalisieren. Wir würden Fotos erstellen, Informationstexte schreiben und Spaziergänge entwickeln, mit denen man die Kunstwerke entdecken kann.

Sie wurden als Kultur- und Kreativpilot*in Deutschland 2022 ausgezeichnet. Warum hatten Sie sich für den Wettbewerb beworben?

Jacobsohn: Ich hatte den Tipp von einer anderen Gründerin erhalten, die im Jahr zuvor als Kultur- und Kreativpilotin ausgezeichnet worden war. Sie war von der Betreuung ziemlich begeistert. Ich habe mir von der Teilnahme vor allem eine gesteigerte Aufmerksamkeit erhofft. Das Mentoring-Programm war für mich nicht so entscheidend. Das lag vor allem daran, dass ich im Bachelor Betriebswirtschaft und Kunstgeschichte studiert und dabei auch einige Kurse zum Thema Gründung belegt hatte. Außerdem werde ich durch das WORLDFACTORY Start-up Center (WSC) an der Ruhr-Universität begleitet. Insofern war mein Bedarf an zusätzlichem Gründungs-Know-how nicht so groß. Nichts destotrotz hat das Mentoring aber schon dazu beigetragen, dass wir unser Projekt weiterentwickeln konnten.

Und wie war es mit der Aufmerksamkeit? Haben sich Ihre Hoffnungen erfüllt?

Jacobsohn: Ja, auf jeden Fall. Die öffentliche Aufmerksamkeit, die wir durch die Auszeichnung Kultur- und Kreativpilot*in Deutschland erhalten haben, hat uns immens weitergeholfen. Es wurde ja bundesweit in verschiedenen Medien über uns berichtet. Dadurch sind zum Beispiel Vertreterinnen und Vertreter von Stadtverwaltungen auf uns zugekommen. Toll war auch der Kontakt zu den verschiedenen Unternehmen aus der Kultur- und Kreativbranche über das inotiv-Netzwerk. Wir haben dadurch auf einen Schlag unglaublich viele Leute kennengelernt, von deren Erfahrungen wir bis heute profitieren.

Das heißt, Sie haben auch schon Aufträge erhalten?

Jacobsohn: Es besteht auf jeden Fall Interesse an unserer App und es gibt auch schon erste Verhandlungen mit potentiellen Kunden.

Sie studieren noch. Planen Sie, nach Ihrem Studium als Vollzeitunternehmerin durchzustarten?

Jacobsohn: Mein Wunsch ist tatsächlich, von den Einkünften aus unserer App irgendwann leben zu können. Vom Aufwand her ist jetzt schon so, dass die App-Entwicklung und die Gründungsvorbereitungen für unser Start-up sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Man muss sehen, wie sich das Ganze entwickelt.

Welche konkreten Schritte stehen für Sie an?

Jacobsohn: Wir sind gerade dabei, neue Funktionen für die App zu entwickeln. Dazu gehören die Verbesserung der Routenfunktion und die Audiowiedergabe von Texten. Außerdem arbeiten wir an einem mehrsprachigen Angebot, das vor allem Touristinnen und Touristen erreichen soll. Und nicht zuletzt ergänzen wir unsere Datenbank nach und nach mit Kunstobjekten aus anderen Regionen Deutschlands. Wenn alles wie geplant klappt, werden wir im nächsten Jahr unser Start-up gründen.

Wenn Sie jemand fragen würde, worauf es bei der Bewerbung für die Kultur- und Kreativpilot*innen Deutschland ankommt. Was würden Sie antworten?

Jacobsohn: Ich würde sagen: Seid einfach ihr selbst. Ich war damals vor der Auswahlrunde ziemlich aufgeregt, aber dann waren alle so nett und hilfsbereit, so dass es eine sehr lockere und angenehme Runde war. Ich denke, wenn man authentisch ist und seine Ziele und Motive gut rüberbringen kann, hat man gute Chancen.

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