Guggolz: Über die Hälfte der Bücher sind Wiederentdeckungen. Das heißt, ich lese Bücher, die ich zum Beispiel in Antiquariaten oder Bibliotheken oder bei Recherchen im Internet finde und die in einer deutschen Übersetzung vorliegen, aber nicht mehr verlegt werden. Wenn ich mich dann für ein bestimmtes Buch entscheide, suche ich einen Übersetzer oder eine Übersetzerin. Ich lasse generell jedes Buch neu übersetzen, weil die vorliegenden Übersetzungen einfach nicht mehr zeitgemäß sind. Bei dem finnischen Nobelpreisträger Frans Eemil Sillanpää stammen zum Beispiel die meisten Übersetzungen aus den Zwanziger-, Dreißigerjahren, bei anderen Autoren und Autorinnen aus den Sechziger-, Siebzigerjahren. Seitdem hat sich die deutsche Sprache bzw. die Bezeichnung und Beschreibung von Menschen oder von bestimmten Sachverhalten bekanntermaßen sehr verändert.
Ein weiterer Weg, geeignete Bücher zu finden, sind neben eigenen Recherchen inzwischen auch Vorschläge von Übersetzerinnen und Übersetzern, die das spezielle Profil des Verlags kennen. Zu guter Letzt kommt es auch vor, dass ich ganz gezielt nach bestimmten Büchern Ausschau halte. Einer meiner ersten größeren Erfolge war zum Beispiel ein litauischer Klassiker, ein Exil-Roman aus den Fünfzigerjahren. Das Baltikum hatte mich immer besonders interessiert, also habe ich mich bei Übersetzerinnen, Übersetzern und dem Kulturattaché in der litauischen Botschaft sowie vor Ort in Litauen nach geeigneten Klassikern erkundigt, bis ich fündig wurde. Genauso bin ich übrigens gerade auch bei einem ehemaligen armenischen Klassiker vorgegangen, den ich nach intensiver Recherche entdeckt habe und in zwei Jahren ins Programm aufnehmen werde.