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30.04.2013 -

European Creative Industries Alliance #2

Einleitung

Vor gut einem Jahr hat die Europäische Kommission die "European Creative Industries Alliance" (ECIA) gestartet. Ziel dieser - in erster Linie an regionale und nationale Entscheidungsträger gerichteten - Plattform für die europäische Kreativindustrie ist es, Unterstützungsmaßnahmen für die Kreativwirtschaft zu entwickeln und mehr finanzielle Mittel für diesen Zweck zu mobilisieren, wie die zuständige Generaldirektion Unternehmen und Industrie der EU-Kommission zum Start der Initiative erläuterte. Mit Unterstützung der Allianz und deren Arbeitsergebnissen will die Europäische Kommission zukünftig ihre Förderpolitik stärker auf die Kreativwirtschaft ausrichten. Weitere Partner im Team sind willkommen!

Die European Creative Industries Alliance (ECIA)

Die Generaldirektion für Unternehmen und Industrie der Europäischen Kommission hat - in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion für Bildung und Kultur - die European Creative Industries Alliance geschaffen. Die Partner der ECIA, das sind mittlerweile 28 nationale und regionale Entscheidungsträger aus 12 EU-Mitgliedstaaten. Innerhalb der Projektlaufzeit von drei Jahren wollen sie Strategien und Konzepte entwickeln, um die volkswirtschaftliche Bedeutung der Kreativwirtschaft in der allgemeinen Wahrnehmung zu vertiefen und zum anderen kreative Branchen in Europa als Impulsgeber für innovative Dienstleistungen und Produkte zu stärken. Ähnliche Ziele also auf europäischer Ebene, wie sie die Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung auf nationaler Ebene verfolgt. 

Die Federführung der ECIA hat Amsterdam (AIM - Amsterdam Innovation Motor) inne. Auch deutsche Partner sind in den zZt acht Aktionsprojekten unter dem Dach der Allianz aktiv: Die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen/Landesinitiative Projekt Zukunft - als Mitglied des Konsortiums aus sechs europäischen Städten/Regionen - die MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg, das Garchinger Technologie- und Gründungszentrum sowie der Baden-Württemberg Connected e.V. in sogenannten "concrete actions". 

Der Arbeitsschwerpunkt der Allianz ist die Etablierung einer "Policy learning Platform": eine Plattform für den Erfahrungsaustausch von Politik, Institutionen und Branchenvertretern von regionaler bis europäischer Ebene. Über die Plattform soll die Vernetzung und der Austausch von Strategien und "good practices" - "physisch" und "virtuell" - aus dem Bereich der Kreativwirtschaft in Europa ermöglicht und unterstützt werden. Die Ergebnisse der Projekte und des Erfahrungsaustauschs fließen bereits in die Arbeit der EU-Kommission, z.B. in die Weiterentwicklung der EU-Strukturfonds-Richtlinien sowie weitere EU-Fördermaßnahmen (Forschung, Kultur, Mobilität, Europäische Investitionsbank) ein. Und sie sollen letztendlich natürlich auch zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmerinnen und Unternehmer in den Kreativbranchen beitragen.

Die "Policy Learning Platform der European Creative Industries Alliance (ECIAP)"

Für den Aufbau der "European Creative Industries Alliance Platform", die Projektarbeit und den Erfahrungsaustausch zwischen den Regionen, haben sich die Konsortiumspartner der ECIA vorerst auf drei inhaltliche Schwerpunkte bzw. Arbeitspakete, geeinigt:

  • Zugang zu Finanzierungen (Access to Finance)
  • Netzwerke und Cluster (Clusters)
  • Innovationsgutscheine (Vouchers)

Jeweils ein europäischer Partner hat die Federführung für ein Arbeitspaket übernommen. Amsterdam (AIM) ist neben der Gesamtkoordination des europäischen Projekts auch für den Aufbau, Betrieb und die inhaltliche Bestückung der Webseite der "Policy Learning Platform" verantwortlich. Der Internetauftritt der Alliance wurde im Februar 2012 gestartet: www.eciaplatform.eu.

Neben Informationen über und aus den Einzelprojekten und den Studien der European Creative Industries Alliance bietet er (in Englisch) aktuelle Informationen, Publikationshinweise und Termine rund um die Kreativwirtschaft in Europa. Auch ein elektronischer Newsletter kann abonniert werden. Eine Sammlung von Tools, die sich direkt an die Unternehmen der Kreativwirtschaft richten, befindet sich im Aufbau: www.howtogrow.eu. 

Zielgruppe der Plattform sind in erster Linie regionale und nationale Entscheidungsträger. "Die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen ist mit der Landesinitiative Projekt Zukunft Gründungsmitglied der "Policy Learning Platform" und quasi deutsche Hauptrepräsentantin der Allianz", wie Tanja Mühlhans von Projekt Zukunft erläutert. Projekt Zukunft ist federführend für den Arbeitsschwerpunkt "Netzwerke und Cluster" in der Allianz. Zwei Workshops zu dem Themenkomplex haben bereits stattgefunden, und jüngst wurde die Studie "Developing Successful Creative & Cultural Clusters" veröffentlicht und steht als Download zur Verfügung.

"In der Studie geht es darum, wie Cluster und Netzwerke im Kreativbereich stimuliert werden können und welche Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der Netzwerkarbeit von Bedeutung sind. Kern der Studie ist ein abgeleitetes Indikatorenmodell, anhand dessen die Effizienz und Wirkung des Clustermanagements und seiner Dienstleistungen im Kreativbereich gemessen werden kann. Ziel ist es, die Arbeit der Kreativcluster in Europa wirkungsvoller zu machen. Aktuell wird das entwickelte Indikatorenmodell europaweit getestet und weiterentwickelt", so Mühlhans.

Schwerpunkt: Zugang zu Finanzierungen (Access to Finance)

Die Finanzierung von Gründungen und Projekten der Kultur- und Kreativwirtschaft erweist sich oftmals als schwierig. Problem: Viele Kreative haben (wie viele andere Gründerinnen und Gründer übrigens auch) für die klassischen Finanzierer zu wenig Eigenkapital und kaum bankübliche Sicherheiten anzubieten. Dazu kommt, dass Banken und Sparkassen bei Kreditverhandlungen meist einen überzeugenden Nachweis vermissen, dass ein Projekt auch wirtschaftlich ein Erfolg sein wird. Zwei Projekte der Allianz - FAME und C-I Faktor - wollen da Abhilfe schaffen. 

Die Wirtschaftsinitiative Baden-Württemberg, Connected e.V. (bwcon), ist einer der Partner des Projekts FAME (Facilitating Access and Mobilization for European finance for growth of creative industries). Ziel des Projekts FAME ist es, den Zugang zu Risikokapital für Start-ups aus der Kreativwirtschaft erleichtern. Dafür soll die Machbarkeit sowie die etwaige Implementierung eines paneuropäischen Funds für die Kreativwirtschaft geprüft werden. Bis Ende 2014 wollen die Partner die Voraussetzungen für einen solchen 'European Venture Capital Fund' schaffen. Weiteres wichtiges Ziel ist die Entwicklung eines europäischen Netzwerks zur finanziellen Förderung von Wachstumsunternehmen in der Kreativwirtschaft und die Etablierung eines internationalen Screening Boards für die Bewilligung von Geldmitteln aus dem europäischen Fonds. Zu Beginn des Projekts haben die FAME Partner ein Mapping zu existierenden VC-Fonds und Finanzierungsinstitutionen, die einen Fokus auf die Kreativwirtschaft legen oder diese zumindest auch berücksichtigen, durchgeführt. Das Ergebnis der Recherche steht als Download auf der Projektseite zu Verfügung.


Weitere Informationen:

bwcon: FAME

Schwerpunkt: Netzwerke und Cluster (Clusters)

Zwei Projekte der Alliance - ECCL und Cluster2020 - setzen den Schwerpunkt auf das Thema Cluster und Cluster Management. Der Aufbau bzw. die gezielte Förderung bestimmter Teilsegmente der regionalen Wirtschaft, sogenannter Cluster, wird in der regionalen Wirtschaftsförderung häufig unterstützt. Bislang trifft dies allerdings weniger für Cluster im Bereich der Kreativwirtschaft zu. Die Frage ist auch, wie weit hergebrachte, häufig eher sektoral ausgerichtete Cluster Management-Modelle ohne weiteres auf die Kreativbranche übertragen werden können, weil Wertschöpfungsprozesse und Beziehungsstrukturen hier anderen Mustern folgen. Diesen Fragen widmen sich die beiden Projekte der Alliance. Deutscher Partner im Projekt Cluster 2020 ist das Technologiezentrum und Gründerzentrum gate Garching in Garching bei München. 

Koordinator des European Creative Cluster Lab (ECCL) ist die MFG - Innovationsagentur für IT und Medien des Landes Baden-Württemberg. Gemeinsam mit vier europäischen Partnern analysiert und entwickelt die MFG neue Ansätze, Instrumente und Prozesse zum Management von Kreativ-Clustern. Von den Ergebnissen sollen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen aus der baden-württembergischen und europäischen Kreativwirtschaft profitieren, die durch gute Einbindung in regionale Wertschöpfungsketten ihre Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft steigern. Daneben will das European Creative Cluster Lab den Austausch mit europäischen Kreativ-Clustern und Netzwerken benachbarter Branchen fördern. Am Ende soll ein Repertoire an griffigen Konzepten und Methoden stehen, aus dem sich Manager von Kreativ-Clustern in ganz Europa bedienen können, um die Wirtschaftskraft ihrer Standorte zu stärken.


Weitere Informationen:

MFG Innovationsagentur baut europäisches Lab für Cluster-Management 2.0 von Kreativ-Clustern auf

Landesinitiative Projekt Zukunft: Studie "Developing Successful Creative & Cultural Clusters" (PDF; englisch: 1,25 MB)

Schwerpunkt: Innovationsgutscheine (Vouchers)

Gleich in vier Modellprojekten der Allianz - in Spanien, Irland, Österreich - werden Scheckmodelle für die Vernetzung der Kreativwirtschaft mit anderen Branchen erprobt: Innovationsgutscheine für die Förderung von Kreativunternehmen, aber auch für die Inanspruchnahme von Kreativleistungen durch "traditionelle" Unternehmen. 

Diesen Ansatz hat z.B. das Projekt "Vouchers IN Creative Industries (VINCI)" unter Federführung der Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) gewählt. In der Pilotregion Salzburg konnten Klein- und Mittelbetriebe mit dem "Kreativwirtschaftscheck" Förderung für die Umsetzung von Innovationsprojekten mit Partnern aus der Kreativwirtschaft erhalten. Durch die Einbindung kreativwirtschaftlicher Leistungen sollen Innovationsprozesse in den Betrieben gefördert und die branchenübergreifende Zusammenarbeit gestärkt werden. Das Modell des "Kreativwirtschaftsschecks" wurde bereits auf ganz Österreich ausgedehnt.

Auch das Land Baden-Württemberg hat sich inspirieren lassen und zum April 2013 den "Kreativgutschein" in das Angebot seiner bereits bestehenden Förderpalette aufgenommen. Mit dem neuen "Innovationsgutschein C" soll zusätzlich zu den bestehenden Innovationsgutscheinen (mit den Schwerpunkten Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen) die Erstvermarktung von neuen Produkten und Dienstleistungen gefördert werden und damit insbesondere Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft erreicht werden. 

Gefördert wird die Erstvermarktung von neuen, kreativen Produkten und Dienstleistungen, u.a. durch Beteiligung an Messeauftritten, Erstellung von Werbematerial sowie von Katalogen und Bedienungsanleitungen, Honorare und Gebühren für den Schutz von Marken und Geschmacksmustern mit einer Förderhöhe von maximal 5.000 Euro.


Weitere Informationen:

aws: Kreativwirtschaftsscheck

Gut investiert: Praktische Erfahrungen mit "Kreativschecks"

Interview mit Christina Koch von der Austria Wirtschaftsservice GmbH, Projektmanagerin des Projektes "Vouchers IN Creative Industries (VINCI)" in der Pilotregion Salzburg sowie Sarah Sauter, Projektleiterin für Innovationsgutscheine im Ministerium für Wirtschaft und Finanzen des Landes Baden-Württemberg, zu Schecks (Vouchers) bzw. Innovationsgutscheinen für die Förderung von Kreativunternehmen. 

Frau Koch, Frau Sauter, was hat es mit den VINCI-Vouchers bzw. den Innovationsgutscheinen für Kreative auf sich?

Koch: Die VINCI-Vouchers waren ein EU-Projekt im Rahmen der European Creative Industries Alliance. In diesem Projekt wollte man Kreativwirtschaftsschecks in Europa in vier Regionen erproben. Salzburg war eine dieser Proberegionen. Die Erprobungsphase hier ist mittlerweile abgeschlossen. Bewerben konnten sich kleine und mittelgroße Unternehmen aus der Region Salzburg, und zwar dafür, dass sie mit einem Kreativen zusammenarbeiten und Aufträge für Kreativleistungen vergeben.

Sauter: Der Innovationsgutschein C des Landes Baden-Württemberg ist ebenfalls ein Modellprojekt. Er wird allerdings erst seit April 2013 ausgegeben. Er funktioniert anders: Er soll Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft direkt dabei unterstützen, neue, kreative Produkte und Dienstleistungen zu vermarkten. Oder geistiges Eigentum durch die Anmeldung von Marken und Geschmacksmustern zu schützen. Den Innovationsgutschein C können Mikrounternehmen und Freiberufler der Kultur- und Kreativwirtschaft mit bis zu 9 Beschäftigten und höchstens 2 Millionen Euro Umsatz bzw. Bilanzsumme (einschließlich aller verbundenen Unternehmen) in Anspruch nehmen. Dabei muss es sich um Unternehmen aus den anerkannten Branchen der Kultur- und Kreativwirtschaft handeln, und sie müssen Ihren Hauptsitz in Baden-Württemberg haben. 

Was konnte oder kann man als Nutznießer mit diesen Vouchers bzw. Gutscheinen anfangen?

Koch: Die mittelständischen Unternehmen haben für den Voucher jeweils bis zu 5.000 Euro bekommen. Die Kreativen haben insofern dadurch profitiert, dass sie für dieses Geld Aufträge bekommen haben, die sie vermutlich normalerweise nicht erhalten hätten. Beispielsweise für die Gestaltung von Homepages, die Konzeption von Messeauftritten oder die Entwicklung eines virtuellen Musikshops. Kosten für Honorare, die über diesen 5.000 Euro lagen, mussten die Unternehmen selber bezahlen.

Sauter: Der Innovationsgutschein C wird auch mit maximal 5.000 Euro gewährt. Diese Höchstsumme erhält man, wenn man als Kreativer mindestens 10.000 Euro an Ausgaben nachweisen kann. Die können z.B. entstehen für Messeauftritte, für die Produktion von Katalogen, für Honorare von Patentanwälten oder auch durch Teilnahmegebühren für Wettbewerbe im Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft. Dabei kann der Innovationsgutschein C allerdings nur maximal 50 Prozent der Ausgaben abdecken. 

Warum wurden der Scheck bzw. der Innovationsgutschein "erfunden"? Welchen konkreten Zweck verfolgen sie?

Koch: Ziel war es, die Wirtschaft dadurch zu stärken, dass wir Impulse geben. Dadurch, dass wir die KMUs mit den Kreativen zusammenbringen. Viele Unternehmen würden aus eigenem Antrieb nicht mit ihnen zusammenarbeiten. Und wir hoffen, dass es auch in Zukunft eine weitere Zusammenarbeit geben wird, ohne Scheck, wenn die Unternehmen den Benefit spüren.

Sauter: Ziel des Modellvorhabens Innovationsgutschein C ist, auch Gewerbetreibenden und Freiberuflern aus der Kultur- und Kreativwirtschaft den Marktzugang mit neuen Produkten und Dienstleistungen zu erleichtern. Unsere Innovationsgutscheine A und B bezuschussen externe Forschungs- und Entwicklungsleistungen und sind damit überwiegend auf kleine Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe ausgerichtet. Unternehmen aus dem Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft erbringen ihre innovativen und kreativen Leistungen aber meist betriebsintern. Sie sind unter den bisherigen Antragstellern Gutscheine A und B deshalb unterrepräsentiert. Außerdem fallen bei ihnen Kosten für Maßnahmen an, die bei traditionellen gewerblichen Unternehmen nicht anfallen, wie z.B. die Gebühren für die Teilnahme an Wettbewerben. Mit dem neuen Innovationsgutschein C sind diese spezifischen Bedarfe der Unternehmen aus dem Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft berücksichtigt. 

Wie wurden die Vouchers in 2013 angenommen?

Koch: Ausgesprochen gut. Wir hatten ein Kontingent von 20 Vouchers, das wir ausgeschrieben hatten. Darauf haben sich in kürzester Zeit 71 Unternehmen mit ihren Projektideen für eine Zusammenarbeit mit Kreativwirtschaftsunternehmen beworben. Das waren überraschend viele Interessenten, und die eben nur in der Region Salzburg. Es waren so viele, dass das österreichische Finanzministerium einen nationalen Kreativwirtschaftsscheck gestartet hat: 300 Schecks à 5.000 Euro. Die waren innerhalb von zehn Tagen bereits vergeben. Deshalb hat das Ministerium das noch mal verdoppelt auf 600 Schecks. Auch die sind schon inzwischen abgerufen. Das Finanzministerium hat damit also insgesamt drei Millionen Euro investiert. Gut investiert.

Weiterführende Informationen

  • European Creative Industries Alliance - Austauschen, voneinander lernen, sich gegenseitig ergänzen

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